Ein lauter Knall hallt durch die Gassen. Ich werde wach. Es knallt erneut. Schlaftrunken greife ich meine Uhr und blinzle auf das Ziffernblatt. 0.01 Uhr. Ich verstehe. Es ist Silvester. Die Spanier begrüßen das neue Jahr mit Konfetti und Kugelbomben. Unter dem fortwährenden Donnern und Knattern ziehe ich mir die Decke über den Kopf und presse die Ohrstöpsel tiefer in die Gehörgänge. Es rumpelt immer noch, aber dumpfer. Ich mache mich lang und schlafe wieder ein…
Ihr meint ich scherze? Nein! Der Jahreswechsel von 2018 auf 2019 war der Erste seit Kindheitstagen, den ich (fast) verschlief. Aber nicht, weil ich etwas gegen Silvester oder Fröhlichkeit habe, sondern weil mein Wecker nur drei Stunden später klingelte. Früh aufstehen ist eigentlich keine Spezialität von mir und es muss schon einen guten Grund geben, der mich nachts aus den Federn treibt. Am 1.1.2019 gab es den. Es war der Teide, der höchste Berg Spaniens.
Meine Idee bestand darin, den Gipfel des 3718 Meter hohen Vulkans im Morgenlicht des 1. Januars zu erreichen. Von oben würde sich ein fantastischer Blick auf Teneriffa und die Nachbarinseln ergeben. So der Plan. Zwischen Bett und Berg lagen allerdings 40 kurvige Kilometer und einige Wanderstunden. Und deswegen klingelte der Wecker bereits um 3 Uhr. Noch vier Stunden 59 bis zum Sonnenaufgang. Die Uhr tickt…
Über den Wolken – Raum für Gedanken
Lasst und einen Schritt zurückgehen und eine Frage aufnehmen, die ich immer wieder höre. „Warum macht man das?“ Warum „man“ das macht weiß ich nicht. Aber ich weiß sehr wohl, was mich antreibt. Ist die Vorstellung nicht irre, dass wir uns auf einem Gesteinsklumpen mit glühendem Kern befinden und mit 30 Kilometern pro Sekunde durch den Weltraum donnern? Im Schnitt haben wir 80,64 Jahre (das ist die derzeitige Lebenserwartung in Deutschland) Zeit, um uns mit dieser Rolle zu arrangieren. Ich finde das ist nicht viel. Und mit Sicherheit zu wenig, um Zeit zu verschwenden. Lasst uns gemeinsam die Welt erkunden. Es gibt soviel zu entdecken – draußen in der Welt und drinnen im Kopf. Lasst uns neugierig sein, lebenslang lernen und in Bewegung bleiben! Nicht aus jeder vagen Vision wird eine konkrete Tat. Aber Träume sind der Motor, der uns antreibt. Lasst uns groß denken und mutig sein!
Was war 2018 für dich für ein Jahr? Ich finde der Jahreswechsel, der im Grunde nur einen kalendarischen Akt ohne tiefergehende Bedeutung darstellt, ist ein guter Moment um inne zu halten und die Gedanken zu sortieren. Warum putzen wir Menschen jeden Tag die Zähne und kümmern uns (zumindest die meisten) nicht regelmäßig um unsere Gedanken? „Psychohygiene“ nennen das die Psychologen. Selten thematisiert, aber doch so wichtig!
Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht verständlich, warum ich mich über den Jahreswechsel alleine nach Teneriffa absetzte. Es war an der Zeit, Gedanken zu sortieren, gegangene Schritte zu reflektieren und weiterführende Pläne zu schmieden. Eine Stunde im Auto und drei Stunden schnellen Wanderns brachten mich dann schließlich zum ersten Höhepunkt des neuen Jahres.
Der erste Höhepunkt der Jahres
Und da stehe ich nun, auf dem Gipfel des Teide und schaue in die Zukunft. Im Osten geht die Sonne auf, dort ist das neue Jahr schon einige Stunden älter. Der gelbe Feuerball schiebt sich langsam über den Horizont und nimmt Gran Canaria das Schwarz aus der Silhouette. Der Atlantik liegt als großer dunkelblauer Teppich friedlich da. Windböen wirbeln die feine Asche auf. Es riecht nach Schwefel. Ich stehe auf einem Vulkan. Es ist, für alle Sinne, ein sprichwörtlich berauschender Moment. Ich habe Lust auf mehr davon. So sei 2019 ein Jahr voller Gesundheit, kleiner Schritte und großer Pläne. Frohes neues Jahr!
Anmerkung: Da ich den Teide im Eiltempo erklomm verzichtete ich auf meine Kameraausrüstung. Alle Fotos sind mit meinem Smartphone aufgenommen worden.